Das Grosse Märchen vom Standardhund
Vom grossen Hund den man heimlich im stillen
Kämmerlein messen musste
Oder: Warum der SV dringend unabhängige und
unbestechliche Scanner braucht
Es war einmal
ein grosses Land. Es war allerseits, ja weltweit bekannt, und zwar, weil es
dort sehr schöne Hunde gab, Hunde die alles
konnten! Aber wirklich alles! Sie
waren gelehrig, konnten gut riechen, schnell laufen, laut bellen, hart
zubeissen, hoch springen, gut beschützen
Kurzum, sie waren für alles zu gebrauchen! Mein Grossvater,
der bei seiner Milchtour seine Hundekarre durch seinen Schäferhund ziehen
liess, meinte, sein Nero war der härteste und beste Hund den er je hatte. Und
vor vielen, vielen Jahren, wollten alle Könige der Welt, genauso wie König Bhumibol
Adulyadej und seine Gattin Königin Sirikit in Thailand beispielsweise, oder
Prinz Charles in England, oder sogar der Königshof in Spanien nur die Hunde aus diesem Lande haben!
Zu einer Zeit
geschah es aber, dass das Land in grossen Schwierigkeiten geraten war und kein
Mensch wollte sie noch haben, diese ehemalig so guten Hunde. Viel zu gross und
viel zu dick waren sie geworden. Sie bellten nicht mehr so laut und liefen
nicht mehr so schnell, waren sie ja mittlerweile auch so krumm und schief
gewachsen, und beissen wollten sie auch nicht mehr so recht. Andere Rassen
hatten sie längst überflügelt, ja regelrecht den Rang abgelaufen. Und so geschah
es, dass der schwer betrübte König ein grosses Treffen befahl.
Von überall
her kamen sie für die Grosse Versammlung der Ehrenmitglieder angereist. Der soeben
neu inthronisierte König des Landes, seine Majestät M., war gekommen, zusammen
mit den wichtigsten seiner Getreuen. Aus dem Süden des Landes kam der Grosse Oberrichter
Q., aus dem nicht so Süden des Landes, aus Augusta Vindelicum, der Heeresmann W. und der Grosse Chefsekretär
S. Aus dem hohen Norden, da wo der eisige Wind weht, kam ein Mann der schon mal
König hatte werden wollen, ein Mann namens B., und aus dem badnerischen Land wo
sich der Rhein durchs flache Land schlängelt, kam die kleine Hoheit S. Er
wollte auch immer schon mal auf dem Goldenen Königsthron sitzen, meinte sogar,
dass der Grosse Kaiser Martin ihm diesen auf seinem Sterbebett versprochen
hätte. Game of Thrones revisited!
Auch aus dem
benachbarten Land kamen wichtige Leute zu dieser Zusammenkunft, wie der alte König
T., aus dem beschneiten Land an den hohen Alpen, oder von ganz ferne, so wie seine
Hoheit H., aus einem Land hinter den Tausend Bergen, bei den nordindischen
Muslimen. Alle wollten sie sich beraten über die Zukunft, war die Welt ja in
grosser Aufruhr, die Zukunft ihrer Hunderasse ungewiss.
Aber ihr oh
so harmonisches Treffen wurde bald jäh gestört. Ein junges Bubele kam
reingeplatzt, ganz frech, mit roten Backen und mit alten Lederhosen an. Und er
führte einen Hund hinein, ein Hund der vor Schönheit nur so blendete. Er hätte
den Hund aus einem Land geholt, dass hinter den Alpen lag. Der Hund war
tatsächlich sehr schön. Aber er blendete so, dass, obwohl alle auch gerne glaubten,
er wäre tatsächlich so gross wie er laut den geltenden Gesetzen des Landes sein
musste, der Zweifel über seine wirkliche Grösse sich rumgesprochen hatte. Aber
wie gross er genau war, das konnte
keiner der versammelten Majestäten, und keiner der Getreuen sagen. Deshalb
beschlossen sie, absurderweise und obwohl es an diesem Tage viel wichtigere
Sachen zu tun gab, diesen einzelnen Hund nun ein und für allemal zu messen.
Da kamen sie eingeschritten.
König M., der sich ein wenig Kaiser wahnte, hat zuerst gemessen. Mit seinem
alten Zollstock kam er auf 64,5 Zentimeter. War sein Messgerät denn so derartig
verschlissen oder waren es seine müden Augen? Das kann nicht sein! meinte Oberrichter
Q. Mein geschätzter Kollege aus Westfalen hat den Hund mit seinem Zollstock
bereits in Pfreimd in Bavaria gemessen! Und er hat am 21.06.2015 in seinen Noten
68 Zentimeter niedergeschrieben!!
Lassen Sie
mich mal messen! Ihr habt ja alle keine Ahnung!! krächzte B. Er und sein
Kollege vom Rhein hielten es dann bei 65,5 Zentimeter, sie waren da ja sehr
erfahren und wussten wie man ein grosser Hund genau vermesst. Oder besser
gesagt, sie wussten wie man ein Hund so vermessen kann, dass er noch im
Goldenen Buch eingetragen werden kann.
Im ganzen
Land waren nun viele Einwohner sehr erbost. Man sollte sich das mal vorstellen,
dass alle Buben und alle Dirndln des Landes da beim Sekretariat einfach
unangemeldet während einer Majestätenversammlung auftauchen würden, nur um eine
Sonderbehandlung bzw. eine nur für sie organisierte, spezielle Vermessung zu verlangen
und
zu bekommen! Gibt es da nicht schon genügend Veranstaltungen wo alle sich,
sportlich und fair, einander und einer Begutachtung stellen können, bei einer
der Zig Zuchtschauen beispielsweise? Viel wichtiger als das einzelne,
individuelle Messergebnis, ist es auch zwingend erforderlich einen Hund
zwischen seinen Konsorten zu begutachten! Fällt er zwischen seine Artgenossen
durch seine Übergrösse auf, oder liegt er wie erforderlich in die gewünschte
Mittelgrösse? Das ist immerhin und nach wie vor 62,5 Zentimeter! Keine fast
70! Und wenn das Gremium dieser Eingeweihten einem Hund eine Sonderbehandlung
gewährt, gibt nicht gerade das dann Anlass zu Verdächtigungen? Und haben sie
denn alle keine Ahnung, wenn die Messungen so auseinandergehen?
Da flüsterten die Bewohner des Landes nun einander zu: Der Bub ist mit dem Blender dort hingefahren und hat ihm
messen lassen wie unverfroren und das Schlimme, anstatt ihm heimwärts zu schicken
und zu verwarnen, er soll doch auf einer grossen Veranstaltung kommen, wie alle
anderen auch, haben der König und seine Getreuen ihm Gehör geschenkt! Was soll
das denn?! Und siehe da, er ist gar nicht zu groß!
Alles im grünen
Bereich?! Man munkelt ja, bzw. es sickert immer mehr durch, das die Messkontrolle
beim Hund von 66,5 auf 65,5 geändert wurde! Das ist doch alles ein Beschiss!,
so schreibt man mir, jeder sieht, der ist (mindestens) 67 cm und nun wird
aufgetischt, er ist 65,5 cm! Vielleicht hast Du ja schon davon gehört - wollte
nur kurz berichten, was man alles so unternimmt! Möchte mal wissen, wenn jeder
ein solches Meeting unterbricht, zwecks Messkontrolle... Aber er ist ja nicht
jeder...
Viele kleine
Züchter scheinen also heute sehr verärgert zu sein über dieses grosse Theater
und diese unverdiente Sonderbehandlung, ja diese völlig unsportliche
Unverschämtheit, und sie wollen unabhängige Richter sehen, Leute die sich vom
bösen Spiel distanzieren. Wenn Hunde vermessen werden, dann nur bei offizielle
Veranstaltungen wie Körungen oder Zuchtschauen, und vor ein grosses
zuschauendes Publikum. Nicht bei der Kaffeepause während einer zeugenlosen Ausschusssitzung
for VIPs only!
Wie immer
destilliert sich ein Märchen aus den vielen Erzählungen und Anekdoten
verschiedener Menschen. Wir erzählen lediglich was uns herangetragen wurde,
sind wir ja auch nur Zeitzeugen. Aber alles soll nachgegangen werden, wo kommen
wir denn da hin, wenn solche Geschichten zur Normalität werden? Das Ende des
Märchens muss übrigens noch geschrieben werden
Und die Moral von dieser Geschichte?
Wir dachten
es ist mit diesem neuen Vorstand endlich vorbei mit allen alten Machenschaften,
mit dem Mauscheln und Tuscheln im stillen Kämmerlein. Offenheit und Transparenz
ist angesagt! Das predigten bereits die zwei letzten Präsidenten. Aber
mitnichten! Wenn man eine gesonderte Betreuung will, dann erlauben unsere
Amtsträger noch immer diese VIP-Behandlung. Ohne gemeine Zuschauer wird etwas
vermessen, was keiner im Nachhinein kontrollieren kann oder darf. Man hätte den
Buben in Lederhosen und seinem Hund sofort nachhause schicken müssen mit der
Anordnung: Dein Hund wird vermessen bei einer öffentlichen Veranstaltung unter
seinesgleichen in Anwesenheit des Publikums! PUNKT! Geh heim! Wir haben zu
tun!
Es war ein
Riesenfehler der Majestäten den Druck nachzugeben. Ich sehe nur 1 Lösung für
das ganze Spektakel. Es werden ab sofort die hochtechnologischen Mitteln
eingesetzt die es heutzutage bereits zur Verfügung gibt. Der Verein kauft sich
handelsübliche Messgeräte, sprich Scanner, die eine unabhängige Messung in
Sekundenschnelle erlauben. SCHLUSS, mit den Gefälligkeiten für angebliche VIPs,
und SCHLUSS mit dem ganzen Betrug im Grössenbereich. Da gibt es dann wichtigere
Probleme die wir uns dringend widmen müssen. Wenn eine Institution wie Wimbledon
das Hawk-Eye einführen kann, um Entscheidungshilfen zu schaffen, so kann der SV
einen Scanner einführen um die unabhängige und unbestechliche Messung seiner
Hunde durchzuführen. Dann können wir wirklich zur Standardgrösse zurückkommen.
04-02-2016 om 14:39
geschreven door jantie
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